Montag, 22. November 2004
PISA hat wohl doch Recht...
Heute war ich nahe dran, zum ersten Mal eine Stunde abzubrechen. Vermutlich dürfte ich das gar nicht. Aber ich habs ja auch nicht getan. (So ein feiger fauler Sack!) Und das ganze auch noch in einer 9. Realschulklasse.

Eigentlich dachte ich, es wäre eine simple Sache so ein Versuch zur Neutralisation. Es ging einfach nur darum, eine Säure und eine Lauge zusammenzugießen, um dann mit Hilfe eines Indikators den Neutralpunkt zu finden.
Im ersten Durchgang sollten sie nur üben, also feststellen, wie denn so der Indikator reagiert.

Eigentlich hatte ich auch alles klar und deutlich erklärt (aber weder ein Arbeitsblatt noch einen detaillierten Tafelanschrieb gemacht, weil es ja eigentlich recht einfach war...), aber es folgte ein unglaubliches Chaos.
Die Leute waren noch nicht einmal in der Lage, sich die an verschiedenen Orten stehenden Standzylinder mit den Lösungen zu holen. Dann hatte ich ihnen zwei Reagenzgläser mit Indikator gegeben, eins zum Üben, eins für danach. War auch zuviel. Nun fragte der Oberdussel, ob denndie Lösungen einzeln in verschiedene RGs kämen (ich hatte es nur ziemlich deutlich an die Tafel GEMALT.
Andere ferkelten auf den Tischen rum, ein anderer schmierte sich die Säure an den Mund. Über all dem eine ziemlich Unruhe, die konzentriertes Arbeiten unmöglich machte.

Irgendwann hatte ich die Faxen dicke. ich brach den Versuch ab. Eigentlich hätten sie die Lösung ja noch Eindampfen sollen, aber dieses Chaos auch noch mit Bunsenbrennern weiterführen? Da kann ich ja auch gleich freiwillig in den Knast gehen.
Völlig undidaktisch habe ich die Ergebnisse angeschrieben, die Lösung selbst eingedampft und ihnen das Salz lieblos unter die Nase gehalten.

Irgendwie ist das nur noch mit Galgenhumor zu ertragen............

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Dienstag, 16. November 2004
Fetzen --5
Jugendfilmt***age im Ci*ne*axx. Das Kino ist groß und voll gefüllt mit Schülers zwischen 12 und 17. Es läuft "Hand in Hand" - ein ruhiger Film über die zarte Beziehung zweier 16jähriger, deren Eltern sich frisch getrennt haben.
Schon nach kurzer Zeit pegelt sich eine erstaunliche Geräuschkulisse ein. Als sich beide irgendwann küssen, brandet Applaus auf, die schön gefilmte Bettszene wird zerquatscht und zerpfiffen.
Nach zwei Dritteln unterbrechen die Betreiber den Film, weil zuviel rumgesaut wird. Diejenigen, die nicht mehr können, sollen rausgehen.
Kurz vor Schluss wird der männliche Hauptdarsteller vom Auto angefahren, liegt auf der Straße. Applaus brandet auf.

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Montag, 1. November 2004
Es fing gut an...
Nach einem schönen Wochenende mit Fotografen-Treffen, familiärem Shrek-Gucken mit Kürbissuppe, kreativem Sonntagsfrühstück und schönem nachmittäglichen Fotospaziergang begann ich den montäglichen Schultag gut gelaunt. Dass sich das auch auf die Schüler auswirkte, war wieder eine nette Erfahrung.
Bis zur 3. Stunde jedenfalls. da hatte ich die 5. Klasse. Ich wollte gleich das einsetzen, was ich letzte Woche auf Fortbildung "gelernt hatte": Ein Stationenlernen zum Thema "Nachschlagen in Büchern u.ä."
Soweit so gut, leider waren die Schüler damit ziemlich überfordert. Sowohl inhaltlich als auch mit der Gruppenarbeit und dem ganzen Drumherum.
So gerieten die beiden Stunden keineswegs angenehm oder gar entspannend, sondern ähnlich nervig wie der sonstige Unterricht in dieser Klasse.

Wo mag das nur hinführen.



Ich muss weg.

Nur wohin?

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Samstag, 25. September 2004
Fetzen --4
Freitag, 6. Stunde, Physik. Ist eh schwierig, die Kids bei der Stange zu halten. Und dann ist da noch ein Schüler, der sich mit seinen lockeren, aber durchaus auch witzigen Sprüchen immer auf der Grenze zwischen Störung und Auflockerung balanciert. Heute ist er gut in Form, er nervt mich eher, aber ich bin nachsichtig, weil ich wahrscheinlich lieber über seine Sprüche lachen und den Unterricht vergessen würde. Irgendwann lassen sich die Schüler von der Wandkarte mit dem Periodensystem ablenken und es kommt die übliche Frage danach, die ich wie üblich scherzhaft beantworte, dass es in der 9./10. Klasse auswendig gelernt werden müsse. Manche glauben das sogar ;-)
Der Schüler mit den Sprüchen sagt schließlich laut: "Periodensystem - alle 28 Tage?" Dieser "Zusammenhang ist mir in den 25 Jahren, in denen ich es kenne, nicht eingefallen. Nun muss ich selber sehr lachen und falle endlich aus der Rolle ;-)

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Fetzen --3
Rückgabe einer Chemiearbeit in einer 6. Klasse. Die Arbeit ist recht gut ausgefallen, es gab sogar zwei Einsen. Wie üblich verlange ich von allen, die schlechter als 2 geschrieben haben eine Berichtigung. Schon bei der Besprechung merke ich, dass einige Mädchen schon mit der Berichtigung angefangen haben. Erstmal habe ich nichts dagegen. Ich bin ja schon froh, dass sie es überhaupt machen. Irgendwann stört es mich aber und ich gehe hin, um es zu unterbinden. Ich sehe, dass sie eine der guten Arbeiten da liegen haben, von der sie abschreiben. Als ich da stehe fordert der Junge nun endlich mal seine Arbeit zurück. Eines der Mädchen sagt leise aber gut vernehmlich: "Arschloch!"
Nach einigen Schrecksekunden, versuche ich dem Mädchen begreiflich zu machen, wie nett es doch ist, wenn man denjenigen, der einem gerade geholfen hat, Arschloch nennt. Sie scheint es nicht zu begreifen. Ich frage sie, ob sie meint, dass ihr nochmal jemand helfen wird, wenn sie mit den Leuten so umgeht. Sie redet sich raus, entschuldigt sich erst, nachdem ich es von ihr verlange.
Vermutlich war meine Intervention wieder mal sehr unpädagogisch. Aber muss man den Kindern nicht klarmachen, welche Konsequenzen ihr Verhalten haben kann. Und das Hilfe ein hohes Gut ist?
PS: Der beschimpfte Schüler, ein lieber, engagierter Junge, wird sich hoffentlich nicht von seiner Hilfsbereitschaft abhalten lassen.

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Fetzen --2
Aufregung im Lehrerzimmer. Eine Kollegin erblickt neben der Tür eine schöne große Spinne und prallt regelrecht zurück. Ich habe mich nicht lange bitten lassen, um das Tier mit einer Dose zu entfernen und es durchs Fenster auf den Schulhof schweben zu lassen. Anfassen musste auch nicht unbegingt sein. Im Notfall ginge das auch, aber wenn ein Gefäß zu Hand ist, find ich das besser.
Am nächsten Tag stolpern wir auf dem Weg zum Computerraum über die gleiche Spinne (nicht dieselbe - vermute ich mal). Während sich die meisten mit Grauen abwenden - auch viele Jungs - stürzt sich eine Siebtklässlerin mit Begeisterung auf das Tier und nimmt es auf die Hand. Die Hälfte der Stunde sitzt die Spinne ruhig auf ihrer Hand. Ich bin beeindruckt.

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Fetzen --1
Wir sitzen und beraten in der Klassenkonferenz über mehrere Schüler. Einen von ihnen müssen wir der Schule verweisen, einen anderen drohen wir den Ausschluss vom Unterricht an. Dieser Schüler zappelt am nächsten Tag selbstkritiklos wie ehedem im Physikraum herum, begrabbelt die Gasventile. In einem unbeobachteten Moment nimmt er sich einen Trafo-Stecker vom Lehrerpult und steckt ihn in die Netzsteckdose an seinem Tisch. Der Kurzschluss jagt die Sicherung heraus. Sonst passiert nichts.
Der Schüler streitet alles ab, regt sich darüber auf, dass ich ihn zusammenfallte.
Das war meine bisher dichteste Annäherung an den Knast...

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Montag, 13. September 2004
Wechselbäder
Der freitägliche Schultag spiegelte mal wieder die ganze Woche wieder: Ein ständiges Wechselbad der Gefühle oder Launen. Mal eine gute Stunde vielleicht auch mit einer netten Begebenheit, dann wieder Nerv und Frust bis hin zum deutlichen Gefühl, ziemlich überfordert zu sein.
Da sitzt eine ziemlich kleine Klasse vor einem. Kids, die einem einzeln und in anderem Zusammnhang sicher sehr sympathisch sind, ja sogar hier in der Schule meistens. Aber wenn sie dann nicht wollen/können, so wie sie eigentlich müssten, damit der Unterricht irgendwie ein klein wenig fruchtbringend wird, sie die anderen, die eigentlich tatsächlich könnten und sogar wollten, massiv davon abhalten zu dürfen, dann möchte ich manchmal gerne einfach weglaufen. Lass doch jemand anders diesen Scheiß machen. Was muss diese Kids der Wald interessieren oder irgendwelche Stoffeigenschaften, wenn sie eigentlich Hilfe beim ganz normalen Leben bräuchten? Hilfe beim Erwachsenwerden, Hilfe dabei, mit ihren beschissenen Familienverhältnissen fertigzuwerden. Zuneigung, weil sie sonst immer nur hin und her geschoben werden. Aufmerksamkeit, weil zu Hause nur die Glotze oder der Computer laufen und vielleicht noch die Geschirrspülmschine.
Ich kann es nicht. Lehren und Betreuen und Therapieren. Weder gleichzeitig noch nacheinander. Das habe ich nicht gelernt.
Und meine Kollegen fast alle auch nicht. Aber wir müssen irgendwie die Auffälligkeiten, die Verhaltensstörungen, die Defizite verwalten, weil woanders keine Hilfe kommt. Es reicht doch, wenn der Kultusminister sich rühmt, dass er die Hauptschulklassenfrequenz auf 26 gesenkt hat. Ganz toll, das hat es jetzt wirklich gebracht. Mir reichen schon 13 Schüler, wenn zwei oder drei dabei sind, die eigentlich nicht beschulbar sind...

Und dann gibt es aber auch mal ein Erfolgserlebnis. Eine Schülerin leidet an M*utism*s. Sie spricht nicht in der Schule. Aber sie macht große Fortschritte, an denen ich auch ein wenig beteiligt bin.
In der letzten Woche sagte sie im Unterricht das erste Mal einzelne Wörter.
Und am Freitag nach Schulschluss richtete sie mir zwar leise aber klar und im ganzen Satz Grüße von ihrer Mutter aus und lächelte noch strahlender als sie es ohnehin seit einiger Zeit tut. Da stieg es mir fast heiß in die Augen. Schön :-)))

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Freitag, 20. August 2004
Nach einer Stunde schon wieder heiser...
Ich rede wahrscheinlich mal wieder zu viel. Ansonsten war der Auftakt mangels eigener Klasse sehr stressfrei. Aber das kann alles noch kommen. Einige Klassen versprechen viel Nerv aber vielleicht ja auch mal was Nettes zwischendurch...

Auf ein Neues!

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Dienstag, 13. Juli 2004
Grüne Haare und das Ende vom Lied
Sind ja schon ein paar Tage her die üblichen Schuljahrsabschlussgeschehnisse.
Der Schülerstreich der Abschlussklassen war diesmal irgendwie langweilig. Auch wenn es Spaß gemacht hat, oben am Fenster des Lehrerzimmers zu stehen und mitanzusehen wie diverse Schüler ziemlich viel Wasser über den Kopf bekamen. Und dass es dabei auch durchaus die richtigen Nervbacken traf, erzeugte ein inniges Gefühl der Befriedigung...
Nur die grünen Haare habe ich erst nach 2 Tagen wieder reinwaschen können.

Die Abschlussfeier war auch ziemlich langweilig. Ich hatte am Abend vorher noch eine kleine Diashow zusammengestellt (mit Bildern des Schuljahrs), die allerdings kaum zu sehen war, weil die Sonne zu hell in die Halle bretzelte...
Immerhin gabs beim Büffet einen lokal begrenzten Eklat, der schon interessant war zu beobachten.

Und wie kriegt man dann die letzten Tage rum? Aufräumen, Filme gucken, mit einer Klasse Schwimmen fahren, mit der eigenen noch mal Eis essen gehen. Schließlich kleine Abschiedskollagen verteilen, einen schönen Blumenstrauß und eine Karte kriegen, und dann endlich abdüsen in die unterrichtsfreie Zeit!!!

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