Montag, 13. September 2004
Wechselbäder
Der freitägliche Schultag spiegelte mal wieder die ganze Woche wieder: Ein ständiges Wechselbad der Gefühle oder Launen. Mal eine gute Stunde vielleicht auch mit einer netten Begebenheit, dann wieder Nerv und Frust bis hin zum deutlichen Gefühl, ziemlich überfordert zu sein.
Da sitzt eine ziemlich kleine Klasse vor einem. Kids, die einem einzeln und in anderem Zusammnhang sicher sehr sympathisch sind, ja sogar hier in der Schule meistens. Aber wenn sie dann nicht wollen/können, so wie sie eigentlich müssten, damit der Unterricht irgendwie ein klein wenig fruchtbringend wird, sie die anderen, die eigentlich tatsächlich könnten und sogar wollten, massiv davon abhalten zu dürfen, dann möchte ich manchmal gerne einfach weglaufen. Lass doch jemand anders diesen Scheiß machen. Was muss diese Kids der Wald interessieren oder irgendwelche Stoffeigenschaften, wenn sie eigentlich Hilfe beim ganz normalen Leben bräuchten? Hilfe beim Erwachsenwerden, Hilfe dabei, mit ihren beschissenen Familienverhältnissen fertigzuwerden. Zuneigung, weil sie sonst immer nur hin und her geschoben werden. Aufmerksamkeit, weil zu Hause nur die Glotze oder der Computer laufen und vielleicht noch die Geschirrspülmschine.
Ich kann es nicht. Lehren und Betreuen und Therapieren. Weder gleichzeitig noch nacheinander. Das habe ich nicht gelernt.
Und meine Kollegen fast alle auch nicht. Aber wir müssen irgendwie die Auffälligkeiten, die Verhaltensstörungen, die Defizite verwalten, weil woanders keine Hilfe kommt. Es reicht doch, wenn der Kultusminister sich rühmt, dass er die Hauptschulklassenfrequenz auf 26 gesenkt hat. Ganz toll, das hat es jetzt wirklich gebracht. Mir reichen schon 13 Schüler, wenn zwei oder drei dabei sind, die eigentlich nicht beschulbar sind...

Und dann gibt es aber auch mal ein Erfolgserlebnis. Eine Schülerin leidet an M*utism*s. Sie spricht nicht in der Schule. Aber sie macht große Fortschritte, an denen ich auch ein wenig beteiligt bin.
In der letzten Woche sagte sie im Unterricht das erste Mal einzelne Wörter.
Und am Freitag nach Schulschluss richtete sie mir zwar leise aber klar und im ganzen Satz Grüße von ihrer Mutter aus und lächelte noch strahlender als sie es ohnehin seit einiger Zeit tut. Da stieg es mir fast heiß in die Augen. Schön :-)))

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Musik
Zwar habe ich gerade keinen Abschied zu verknusen, aber das Lied "Symphonie" von Silbermond geht seit einigen Tagen ganz gewaltig bei mir rein. Bin musikalisch wohl doch eher ein romantischer Kitschling ;-)))

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