Mittwoch, 9. Juni 2004
A*schnasen
Und mal wieder fassungslos.
Eine Mutter meiner Klasse ruft an. 2 Schüler hatten heute nichts besseres zu tun, als eine Mitschülerin übelst zu beschimpfen, inklusive der Drohung, morgen weiterzumachen. Die Schülerin ist so verstört, dass sie morgen nicht in die Schule kommen wird.

Es ist echt zum Kotzen mit diesen Gören. Kaum ist das eine Problem ein wenig kleiner geworden, haben sie nichts besseres im Kopp als woanders weiterzumachen.

Ich werde zu den Beiden morgen sicher nicht zartfühlend/diplomatisch sein.

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Donnerstag, 27. Mai 2004
Sören-Rüdiger war ein offener Schüler
Nun ist das Ärgste durch. Knapp 90 Gutachten inclusive der 20, die ich selbst verfasst habe, musste ich mir anhören. Nette Satzbausteine, die isoliert betrachtet manchmal schon komisch sind (siehe oben).
Und wozu der Aufwand? Dafür dass 95% der Schullaufbahnentscheidungen eh schon feststehen? Naja es war das letzte mal für uns, ab nächstem Jahr müssen sich die Grundschullehrerinnen damit rumquälen...

Nun habe ich die Hälfte des Schuljahrsschlussstresses (gibt es ein Wort m it mehr "s"?) hinter mir, die zweite folgte Ende Juni. Trotz Rhinoviren bin ich doch einigermaßen durchgekommen, wenn ich auch gestern eine Pause einlegen musste, weil die Beine dann doch zu zittrig waren und der Koipf zu dumpf.

Justamente spielte sich in meiner Abwesenheit ein Drama ab, das ich leider schon habe kommen sehen. Mein heftigster Schüler, von dem ich vor einigen Monaten so hoffnungsvoll schrieb, er wäre auf dem Wege der Besserung, fiel seit einigen Wochen wieder negativ auf.
Gestern tickte er dann so richtig aus: Gewaltandrohung gegen Mitschüler, aggressives Verhalten gegen Lehrer. Resultat: unfreiwillig verlängerte Pfingstferien. Der Chef hat schnell gehandelt.
Ob er nach der Zeit geläutert zurückkehren wird? Oder wird dieser Tanz nun so lange weitergehen, bis wir nicht mehr können/wollen und ihn an eine geeignete Einrichtung "abschieben"???
Schade, dass die Hoffnung wohl getrogen hat, aber wir waren mit unserem Bemühen wohl zu spät. Die Regelschule wird das nicht ausbaden können, was vorher versäumt wurde...

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Freitag, 7. Mai 2004
Erschüttert
Dieses Wetter schlägt vermutlich vielen Leuten aufs Gemüt. Mir auch.

Heute hat mich zweimal etwas erschüttert.

Morgens vor der Schule sah ich mir noch mal ein Video über das Warschauer Getto an, dass ich eigentlich im Unterricht meiner 6. Klasse zeigen wollte. Bei den Bildern von ausgemergelten Kindern, die auf der Straße hocken, von knochigen Leichen, die auf Lastwagen geladen werden, kamen mir die Tränen.
So oft gesehen, so oft mit beschäftigt, und trotzdem haut es mich mal wieder um.

Vielleicht ist es auch die Erkenntnis, dass sich unsere "Zivilisation" in den vergangenen 60 Jahren kaum weiterentwickelt hat. Immernoch werden Kriege mit haarsträubenden Begründungen geführt (nicht, dass es tatsächlich einen legitimen Grund gäbe, einen Krieg anzufangen), immernoch halten sich Menschen (und "Völker") für besser als andere und nehmen sich das Recht heraus, die Unterlegenen zu misshandeln.

Vormittags in der Schule erwischt es mich zum zweiten Mal. Nachdem ich mit meiner Klasse eine Bioarbeit geschrieben habe, werden "Klassengeschäfte" erledigt. Dabei zeichnen einige einen neuen Vorschlag für eine neue Sitzordnung an die Tafel. Ich brauche einen Moment, um zu begreifen, was ich das sehe: Die Jungs in der ersten Reihe, die Mädchen an der Seite, der Hauptstörer in der zentralen Mitte. Und der Schüler, der seit dem Sommer von vielen Jungs gemobbt wird, wird an den hinteren Rand platziert. Mit deutlichem Abstand zu allen anderen.
Ich bin fassungslos und sage das auch. Fordere die 12jährigen auf, sich das mal anzusehen, da mal drüber nachzudenken. Die Reaktionen zeigen, dass sie es nicht verstehen. Ich weiß nicht, wie ich pädagogisch darauf reagieren soll. Das Einzige, was mir in den Sinn kommt, ist, den Sitzplan wegzuwischen, und ihnen klarzumachen, dass mit mir soetwas nicht in Frage kommt.
Ich brauche eine Weile, um mich wieder zu fangen. Es gelingt mir kaum. Ich sage ihnen, sie sollen eine bestimmte Seite im Buch aufschlagen. Dort ist ein Bild von einem jüdischen Schüler, der mit gesenktem Kopf vor der Klasse steht, auf der Tafel ein übler Hetzspruch. Ich warte, ob irgendwem vielleicht eine Verbindung einfällt. Mir ist diese naheliegende Verknüpfung dann doch zu hart, ich bremse mich gerade noch.
Wäre dieser Vergleich zu hart?
Darf ich diesen Kindern überhaupt einen Vorwurf machen?
Sind sie die Charakterbaracken? Oder ihre Eltern?
Oder sind sie nur der Auswuchs einer Gesellschaft, die immer egoistischer wird und vielleicht auch wieder faschistisch?

Ich weiß es nicht.

Ich weiß nur, dass ich ratlos bin.
Und dass ich die Tage zähle bis ich diese Klasse los bin (dummerweise werden die Schlimmsten auf unserer Schule bleiben).

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Mittwoch, 17. März 2004
Ist es doch nicht mein Ding?
Eine Stunde reichte mal wieder, um mich an dem zweifeln zu lassen, was ich da mache und mich zur Überzeugung kommen zu lassen, dass ich keine 25 Jahre in diesem Job durchhalten werde.
Aber, wenn mensch so dusselig ist, statt der ursprünglichen Sportstunde vertretungshalber eine Physikstunde machen zu wollen. Dazu in einer Hauptschulklasse, mit der ich eh arge Probleme habe. Es gab natürlich arge Proteste. Wobei sich ein Schüler besonders erregte. Er ist schon seit längerem fast gänzlich out of order und nur mit viel Gelassenheit zu ertragen. Vor zwei Jahren hatte ich noch einen recht guten Eindruck von ihm. Mittlerweile leben seine Eltern in Scheidung und er verwahrlost schlicht und einfach. Seine Konsequenz ist die "Scheißegal-Haltung", gegen die ich kaum ankomme.
Ich weiß kaum, wie ich damit umgehen soll. Einerseits muss ich wohl irgendwie die Oberhand behalten, andererseits erreiche ich mit Druck gar nichts.

?????????

Scheißspiel.




Wenigstens abends noch ein wenig knippsen:

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Samstag, 28. Februar 2004
Lust, Frust und Pessimismus
Gestern ein 11-Stunden-Tag wegen Tag-der-offenen-Tür ind der Schule.
Viele nette Angebote (Steinzeit, echte Schlangen, viele Darbietungen) zogen mittelmäßig viele Leute an. Die Grundschüler, auf die wir es eigentlich abgesehen hatten, zeigtenm sich sehr schüchtern, nicht aber unsere eigenen Schüler, die entweder engagiert geholfen haben, oder sich begeistert beteiligten.
Ich hatte mich mit diversen Stromstationen im Physikraum installiert. Anfänglich verirrten sich nur wenige zu uns. Später wurden es mehr und es kristallisierten sich ein paar Attraktionen heraus: Natürlich die Influenzmaschine, mit der man schön Funken und Blitze machen kann. Und mit der man sich ordentlich, aber ungefährliche Schläge holen kann, was einige exzessiv ausprobierten. Irgendwann machte ich mir dann aber schon etwas Sorgen um ihre körperliche Unversehrtheit ;-)
Nett auch das Gebläse, auf dem ein Styropor-Ball tanzt. Und die Knallgasprobe (Reagenzglas mit Wasserstoff an eine Kerze halten) machte vielen Spaß.

Zwischendurch ein paar gute Gespräche mit Eltern, in denen gewissen Sorgen anklangen, wie es denn wohl mit Schule so weitergehen würde.
Irgendwie frage mich mich das ja auch immer mehr. Wo geht es hin, wenn man immer weniger Unterricht machen kann, weil der Kampf um Aufmerksamkeit zuviel Zeit und Energie erfordert? Wenn das Gelingen einer Stunde immer weniger von gründlicher Vorbereitung abhängt, sondern immer mehr von der Tagesform der Schüler (und sicher auch des Lehrers)?
An manchen Tagen könnte man sich ein Bein ausreißen, es würde nichts bringen. Die Stimmung ist unkonzentriert, launisch, auch mal aggressiv.

An anderen Tagen lassen sich die Schüler von einer völlig undidaktischen Erzählstunde in den Bann ziehen oder es entsteht ein Unterrichtsgespräch, bei dem sehr viel herauskommt, sodass man es weder durch "Ergebnissicherung" noch durch das Ende der Stunde stören möchte.
Leider weiß ich vorher nie, welche Variante heute mal dran ist.

Immer mehr werden Unterrichtsstunden (und Pausen) zu Streitschlichtereien, zu vergeblichen Motivationsversuchen, zu Tröstereien, zur Sortierung verschiedenster "Chaose". Fachunterricht wird nebensächlich, weil es immer seltener geht.

Und wir Lehrer stehen da mit unserer tollen akademischen Ausbildung, wissen, wie eine Additionsreaktion abläuft, wie die Mendelschen Gesetze lauten, wozu der 1. Strahlensatz gut ist. Aber pädagogisch, szialarbeiterisch, jugendpsychatrisch wissen wir viel zu wenig.

Es wird noch schlimmer werden. Gerade auch, weil die Politik überhaupt nicht in der Lage zu sein scheint, mit diesen Problemen umzugehen. Stattdessen sortiert man in Niedersachsen die Kids wieder schon nach der 4. Klasse in "gut", "mittelmäßig" und "schlecht", streicht Lehrerstunden usw...

Irgendwie bin ich gerade sehr pessimistisch.

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Mittwoch, 18. Februar 2004
Gebermütter
Oft sind die Stilblüten das Einzige, was einen bei der Korrektur einer Klassenarbeit noch bei Laune hält.
Diesmal war es zwar nicht nötig, weil es 13 Einsen gab (die Arbeit zum Sexualkunde fällt immer recht gut aus), dennoch konnte ich mich an einigen Dingen erfreuen, die allerdings größtenteils falscher Rechtschreibung geschuldet sind...
[und hier sei nochmal betont, dass ich mich mit dem Zitieren dieser Stilblüten keineswegs über die Schüler lustig machen möchte]

Bioarbeit zum Thema Sexualkunde in einer 6.Klasse:

"Gäbermutterhöle"
"Gebermutter"
"Scharmhaare"
"Hahnblase"
"Schwelkörper"

"Der Junge ist am Anfang ein weibliches Spermium"

[das ist jetzt doch vielleicht ein wenig zu feministisch ;-)]

"Pille: Das Mädchen muss jeden Tag die Pille nehmen. Verhindert den Eisprung. Kann man vergessen."
"Muttermundkappe: Wird in die Scheide eingesteckt. Verhindert, das die Spermien die Gebärmutter nicht erreichen."

"Die Hoden sparen Spermien"
"Die Eierstöcke befruchten die Frau."

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Freitag, 13. Februar 2004
Puh
11 Stunden in der Penne wg normaler Schule und Elternsprechtag. Fuseln am Mund, aber auch sehr zufrieden, vielleicht sogar ein wenig glücklich, weil es meist angenehme und nette Gespräche waren und weil es tatsächlich auch mal positive Entwicklungen gibt. So wie bei meinem schwierigsten Schüler, der durch den Einfluß eines Psychologen und vielleicht auch ein klein wenig von mir deutliche Fortschritte macht. Sein Verhalten wird erträglicher, seine Leistungen ganz langsam auch. Und er selbst merkt es, freut sich darüber, will mit dem Psychologen zusammenarbeiten. Und seine Familie (er kam mit Vater, Stiefmutter und Bruder ;-) macht ebenso mit.
Es wird Rückschläge geben, wie schon in den letzten Wochen, aber ich bin optimistisch!

Dann war da auch das Mädchen mit Mutismus (sie spricht nicht in der Öffentlichkeit) mit ihrem Vater. Es war schön, viel Positives zu sagen, zurückzubekommen und immer wieder ihr angedeutetes Lächeln zu sehen!

Andere Familien haben andere Probleme: Die wohl sehr bedrohliche Depression der jüngeren Schwester macht der älteren wohl so sehr zu schaffen, dass sie oft so schlecht schläft, dass sie nicht zur Schule kommen kann. Zum Teil mag ihr ihre positive/erfrischende Ausstrahlung und vor allem ihre Intelligenz helfen.
Sicher, um bei uns einen guten Realschulabschluss zu machen. Aber das Problem der Familie wird es nicht lösen...

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Mittwoch, 11. Februar 2004
Es gibt so Momente, da denke ich: Der Job ist doch der richtige...
Ich habe seit einem halben Jahr eine Schülerin in Biologie und Physik, die an M*utism*s leidet: Sie spricht nicht, jedenfalls nicht in der Schule oder in anderer Offentlichkeit. Zu Hause kann sie wohl das Blaue vom Himmel herunterplappern. Erst waren wir etwas ratlos, z.T. sogar genervt, nämlich von den Eltern, von denen wir den Eindruck hatten, dass sie das Problem nicht energisch genug angehen. Mittlerweile sieht das anders aus. Es passiert etwas.
Mit mir kam sie von Anfang an gut zurecht, vielleicht weil sie meine Fächer besonders mag, vielleicht weil ich sie nicht dränge, sie aber dennoch (be)achte.
Nun hörte ich, dass sie wohl besondere Stücke auf mich hält. Und zu allem Überfluss konnte ich ihr heute eine 1 in einer Biologiearbeit zurückgeben. Und da schien ihr sonst nahezu ausdrucksloses Gesicht zu leuchten.
Als ich ihr am Ende der Stunde beim Rausgehen Tschüss sagte, glitt sogar ein deutliches Lächeln über ihr Gesicht. Das war wieder so ein Moment, der mich sehr berührte.

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Dienstag, 10. Februar 2004
Die Eselsbrücke
Heute gings in Bio in der 5.Klasse um die verschiedenen Bezeichnungen von Rindern (also Kalb und Färse und so). Dazu machte ich eine Tabelle, über die ich die Symbole für männlich und weiblich malte (gibt es da eigentlich wirklich kein HTML-Zeichen für?).
Irgendwie kam Gelächter auf der eine Seite des Raumes auf. Leider wollte es keiner so richtig sagen, worum es ging. Ich bekam nur heraus, dass ein Junge den Mädchen wohl die Eselsbrücke für das Männerzeichen erzählt hatte.
Nun wollte ich die rechte des Raumes ja nicht dumm sterben lassen und meinte: "Also für alle die Eselsbrücke: Bei dem Pfeil am Männerzeichen denken wir einfach an einen Schniedel..."
Herzhaftes Gelächter brach aus.

Eigentlich hatte ich mir ja mal vorgenommen, in jeder Stunde einmal für ein herzhaftes Lachen zu sorgen. Wie selten es dann doch gelingt.
Aber heute wars richtig gut.

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Montag, 26. Januar 2004
Bumm
Vertretungsstunde im Werkunterricht einer 8.Klasse.
Die Jungs basteln an Rennautos aus Holz. Vor allem die Räder sind dran Die einen bringen sie beim Fräsen zum Qualmen, die andern lassen die Schleifmaschine sich einen Wolf schleifen. Einer versucht ein Rad anzuschrauben und geht dabei ziemlich robust/grobmotorisch vor. Auf meine zarte Anfrage, ob das denn nicht auch ein bisschen sorgfältiger ginge, kommt die lapidare Antwort: "Wieso? Das Ding wird doch sowieso gesprengt. Nen Pyro-Kracher rein und dann..."

So einfach ist das.

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